Beziehungsanarchie

Psychotherapie in Wiesbaden, Therapeuten-Finder

Monogam?
Polyamory?
Mono-Poly?

Was bedeutet es, wenn man mehr als einen Menschen liebt oder gar mit ihm/ihr eine Beziehung führt?
Ist das freie Liebe? In diesem Artikel möchte ich einen Einblick in alternative Beziehungsformen geben und die Themen, die hier oft auftreten kurz beleuchten.

Die klassische von der Gesellschaft akzeptierte Beziehungsform ist die (serielle) Monogamie. Es handelt sich um eine Eins-zu-Eins-Beziehung. Andere Partner kommen bestenfalls im Geheimen vor. Und wenn es rauskommt, ist damit oft das Ende der Beziehung eingeleitet.
Kann der Partner die Vielzahl an Beziehungsbedürfnissen (Sex, Nähe, Freizeit, Optik etc) nicht mehr erfüllen, wird sich im Zweifel getrennt um nach einer gewissen Zeit einen "Ersatz" zu finden. Das Rad hat sich weitergedreht. Das Beziehungs-Spiel beginnt von Neuem.

 

Dann gibt es Menschen, die versuchen es anders zu machen. Ihre Beziehung zu öffnen.
Das kann ganz unterschiedlich aussehen.
Zum Beispiel gibt es Paare, die "nebenbei" wechselnde Sexualpartner haben. Andere wiederum leben das Modell Polyamory (oder auch Polyamorie).
Hier entscheiden sich Menschen bewusst für Nicht-Monogame Beziehungen. Jeder hat noch andere Beziehungspartner, so dass sich oft ein regelrechtes Geflecht an Beziehungen bildet.

Viele Mythen ranken sich um das Beziehungsmodell Polyamory:
Menschen die Polyamory leben sind permanent auf der Suche nach neuen Sexpartnern. Sie kennen keine Eifersucht. Sie sind wahllos bei ihrer Partnerwahl. Alle Geschlechtsidentitäten interessieren sich sexuell für alle Geschlechtsidentitäten. Du musst offen sein für jegliche sexuelle Spielart.  Und so weiter und so fort.

Um es kurz zu machen:
Sicherlich ließe sich zu jedem genannten Punkt ein lebendes Beispiel zur Bestätigung finden. Allerdings darf man getrost sagen, dass es vermutlich mehr Menschen gibt, auf die diese Punkte nicht zutreffen.

 

Wie funktioniert Polyamory?

Sicherlich ist Polyamory nicht für jedermann ein gangbarer oder einfacher Weg.
Es bedarf viel Verantwortung, einer gewissen persönlichen Reife sowie guter Kommunikationsfähigkeiten um das Beziehungsschiff nicht kentern zu lassen.
Je klarer die Absprachen im Vorfeld getroffen werden, desto weniger Konfliktpotenzial findet sich. Man könnte sagen "Erst reden, dann handeln".

Nicht immer haben beide Partner in einer Beziehung das physische Bedürfnis auch andere Partner zu haben. Das ist in Ordnung. Man kann auch Polyamory im Geiste sein.
Manch einer hat die Öffnung der eigenen Beziehung für andere sogar als regelrechte Erleichterung gesehen. "Endlich bin ich nicht mehr alleine verantwortlich" ist ein Satz, der schon mehr als einmal gefallen ist.

Auch ist nicht jede polyamoröse Beziehung sexuell. Manche Beziehungen basieren auf einer tiefen Liebe und Zuneigung, ohne jemals sexuell zu werden.

 

Natürlich ist auch in diesen Beziehungskonstellationen Eifersucht ein Thema. Die Frage ist immer nur: Lasse ich mich von der Eifersucht davon tragen, oder schaue ich sie mir an. Bin ich bereit hinter die Eifersucht zu schauen und die (Verlust)ängste dort zu entdecken und ihnen ins Gesicht zu blicken? Eifersucht ist gut. Zuviel Eifersucht macht den Menschen leidend.

Das Spielfeld ist groß. Sehr groß.

Manchmal kann man das Gefühl bekommen, sich auf diesem Spielfeld zu verlieren. Dann macht es Sinn, über externe Unterstützung nachzudenken und nicht gleich die (Beziehungs)-Flinte ins Korn zu werfen.

 

Uscha Ennulat im Juli 2022